Intro
Mon exposition 22.10.21–13.2.22
«Ich schlug C.F. Reuterswärd vor, im Katalog statt ‹Portrait› eine Röntgenaufnahme meines Schädels, mit grossen Ohrringen, Hals u. Hand, auch mit Kettchen u. Ring, zu bringen. C.F.R. gefiel sie sehr, soll ich sie schicken?»
Meret Oppenheim, 1967 Brief an Mette Prawitz, Moderna Museet Stockholm, 18.1.1967, Archiv Moderna Museet
Die Situation ist paradox: Das Museum geht nicht auf den Vorschlag ein und verwendet stattdessen eine Aktaufnahme von ihr. Die 54-jährige Oppenheim ist auf diesem Foto 20 Jahre alt. Auch das Cover des Katalogs ziert nicht ein Werk der Künstlerin, sondern eine Gestaltung des Künstlers C.F. Reuterswärd. In diesem Augenblick ihres bis dato grössten Erfolgs begreift sie, dass sie ihr öffentliches Bild als Künstlerin selber steuern muss.
Dieses Selbstporträt ist sinnbildlich für Meret Oppenheim, die ihr Werk stets mit radikaler Offenheit weiterentwickelt hat. Unterschiedliche Materialien und aktuelle Kunstströmungen bezog sie aktiv in ihr Werk ein und blieb nie einem Stil oder einer Methode verhaftet.
«Roter Kopf, blauer Körper», 1936, Öl auf Leinwand, 80,2 × 80,3 cm, The Museum of Modern Art, New York. Meret Oppenheim Bequest © 2021, ProLitteris, Zurich, Foto: Jonathan Muzikar «Roter Kopf, blauer Körper», 1936
Zwei abstrakte organische Formen schweben im undefinierten Raum und werden durch Schnüre vom Auseinanderdriften abgehalten.
«Urzeit-Venus», 1962, Terrakotta, bemalt und glasiert, und Strohbüschel, 53 × 26 × 19 cm, Kunstmuseum Solothurn, Ankauf aus Mitteln der Jubiläumsstiftung der Schweizerischen Bankgesellschaft © 2021, ProLitteris, Zurich «Urzeit-Venus», 1962
Diese Plastik weicht von traditionellen Venusdarstellungen ab und zeigt den darin sonst idealisierten Frauenkörper als vereinfachte Form.
«Nebelblume», 1974, Öl auf Leinwand, 195 × 130 cm, Sammlung Daniel Staffelbach, Zürich, Courtesy Gerber Stauffer Fine Arts, Zürich, Krethlow Fine Art, Bern © 2021, ProLitteris, Zurich, Foto: P. Schälchli, Zürich «Nebelblume», 1974
Das Naturphänomen des Nebels wird mit einer reduzierten Farbpalette in grossem Format erfahrbar gemacht.
Die Stilvielfalt von Oppenheims Werk ist ungewöhnlich und war eine grosse Herausforderung für ihre Zeit. Seit der ersten Retrospektive versuchte sie, ihr Image als Künstlerin selbst zu bestimmen. Damit kämpfte sie gegen die ihr aufgezwungene Aussenperspektive an, die ihr gesamtes Schaffen dem Surrealismus zuordnen wollte.